Alkohol erfreut sich in Deutschland noch immer großer Beliebtheit. Nicht nur bei Festen und Veranstaltungen wie dem Oktoberfest oder dem Canstatter Wasen wird eifrig gebechert: Im internationalen Ranking liegt Deutschland weiterhin auf dem dritten Platz beim Alkoholkonsum pro Kopf bzw. Leber.
Es zeigt halt die Absurdität, mit der unsere Gesellschaft an das Thema herangeht.
Bringen diese Vergleiche denn nicht ihre eigene Absurdität mit?
Da wird festgestellt, wie sehr die Gefahr der einen Droge unterschätzt wird. Und als Antwort kommt: “Guck! Und da wird nicht reguliert wie bei der anderen Droge!”
Das finde ich absurd.
Das alles ist ja erst dadurch entstanden, weil von staatlicher / politischer Seite Alkohol und Marihuana nicht gleichwertig als Drogen eingestuft werden und sich die Menschen daher zurecht fragen, warum Alkohol gesellschaftlich so stark akzeptiert (und gar gefördert wird), während die andere Droge komplett kriminialisiert und gesellschaftlich verpönt ist. Im Grunde ist das Whataboutism, der aber völlig legitim ist an der Stelle. Erst durch diese Diskrepanz kommen die Vergleiche ja zustande. Und gleichzeitig wollen viele (die meisten?) Marihuana-“Befürworter” ja auch, dass der Genuss von Alkohol ebenso stark reguliert wird, wie das Kiffen. Daran finde ich nichts absurd.
Im Gegenteil es ist die legitime Argumentationsstruktur, die Whataboutism versucht zu imitieren. Vergleiche und Gleichstellungen sind vollkommen legitime und korrekte Argumentationsstruktueren.
Die Ursache verstehe ich schon, nur gerade der letzte Punkt kommt bei mir in diesen Diskussionen immer anders an. Da geht es schnell in Richtung “beides gleich frei” anstelle von “beides gleich reguliert”. Das finde ich dann absurd, weil diese Diskussionen oft im Rahmen dessen entstehen, dass Alkohol gefährlich ist. Aber ich kann natürlich nicht ausschließen, dass das an meiner Wahrnehmung liegt.
Beides gleich frei, weil man mit Onkel Horst, der beim Grillabend schon das 4. Bier intus hat, bevor der Grill angezündet ist, nicht über Alkoholregulierung reden braucht.
Wenn man andere Drogen legalisieren und Alkohol ähnlich wie diese regulieren würde, wäre das Beste aus beiden Richtungen erreicht.
Dann könnten sich auch Menschen für die Geselligkeit kleine Dosen MDMA geben, die ihren Körper weniger Schaden, als die drei Bier, die sie sonst dafür brauchen.
Nicht jede psychotrope Substanz hat das gleiche Konsumrisiko. Cannabis hat einfach ein komplett anderes Risikoprofil als Alkohol. Studien dazu gibt es bereits. Es ist nicht absurd, für eine ungefährliche Substanz darauf hinzuweisen, dass gefährliche freigegeben sind, wenn genau die gefühlte Gefährlichkeit als Grund für ein Verbot herhalten muss. Absurd wäre es, Alkoholika außer Bier und Wein für den Konsum ab 16 freizugeben, da es bei den beiden ja auch OK ist.
Ich bin mir sicher, ein Mittelweg aus den Vorgaben für Cannabis und dem jetzigen Status quo für Alkohol und Tabak wäre ein gangbarer Weg. Also Verkauf nur in autorisierten Spezialgeschäften, Verkauf in Einheitspackungen, keine Abgabe an Personen unter X Jahren, Werbeverbot, kein Konsum, der andere beeinträchtigt (sprich kein Rauchen in der Öffentlichkeit oder im Kfz mit Kindern)…
Bin weitesgehend bei dir. Ich kenne diese Studien zu den Risikoprofilen jedoch nicht und habe da schnell eine innere Warnleuchte: Was genau wird bewertet? Was macht eine Substanz “ungefährlich”?
Aber am Ende bin ich auch bei deinem Mittelweg. Vernunftige (ich weiß, wieder schwer zu definieren) Regularien und vor allem ein gesellschaftliches Bewusstsein schaffen.
Wenn ich dann aber gleichzeitig sehe, wohin uns ein stärkeres Regulieren des Nikotinkonsums gebracht hat (die Zahlen der jungen Raucher steigen seit Jahren), bin ich wieder ratlos.
Die bekannteste davon dürfte die Studie von David Nutt sein. Hier wird eine Skala zur Bewertung vorgestellt: https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(07)60464-4/fulltext Die Studie auf Grundlage der Skala findet sich dann unter https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(11)60196-7/fulltext
Nutt hat auch vor 2 Jahren noch einen Artikel als Zusammenfassung verfasst: https://rss.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1740-9713.01512
Ganz so ist es aber nicht, die Anzahl der jungen Raucher steigt momentan, nachdem sie über Jahre abgenommen hat. Ich persönlich denke, dass es einerseits mit einer gewissen Perspektivlosigkeit zu begründen ist als auch dass Rauchen immer als ein rebellischer Ausdruck ist – ich finde beide Sichtweisen aus verschiedenen Gründen sehr unschlau, aber zumindest sind es Erklärungen.
Danke für die Studie! Das ist wirklich interessant in Bezug auf die Einstufung der Substanzen. Von “ungefährlich” würde ich dennoch nicht sprechen, schließlich gibt es Studien welche psychische Erkrankungen als mögliche Folge regelmäßigen Cannabis-Konsums sehen.
Und zum Rauchen: das Argument mit der Perspektivlosigkeit verstehe ich nicht. Aber welche Gründe es da auch geben mag, das Ergebnis bleibt ja dennoch dasselbe: stark reguliert und dann irgendwann wieder interessanter. Das würde bei Alkohol vermutlich ähnlich laufen.
Hat jemand Cannabis als ungefährlich bezeichnet? Aber es geht ja auch darum, dass Erwachsenen gefährliches Verhalten nicht per se verboten wird. Die Frage ist eher, warum die Regeln so komplett unterschiedlich sind, obwohl eine wissenschaftliche Betrachtung, oder mehrere wissenschaftliche Betrachtungen, zu einem Ergebnis kommen, dass im kompletten Gegensatz zur Politik steht: entweder gibt es die Drogengesetze, weil gewisse Substanzen gefährlich sind, aber dann sollte diese Gefährlichkeit auch eine Rolle spielen, oder aber sie sind willkürlich; dann ist die Frage, was sie in einer freien Gesellschaft zu suchen haben. Auf diese Situation hinzuweisen ist aber nicht absurd, absurd ist eher, mit hohlen Phrasen am Status quo festzuhalten (“Cannabis ist kein Broccoli”, das ist eine Aussage so sinnvoll wie “eine gleichgeschlechtliche Ehe ist keine WG”).
Der Gedankengang ist wohl “die Welt ist eh am Arsch wenn ich alt bin, dann kann ich auch vorher durch das Rauchen sterben / Lungenkrebs bekommen”
Die Regulierung des Rauchens ist in den letzten Jahren nicht wirklich verschärft worden, von Steuererhöhungen mal abgesehen. Ferner würde es bedeuten, dass Länder mit strengeren Gesetzen mehr Raucher haben. Die Praxis zeigt aber, dass strengere Auflagen eher mit einem Rückgang einhergehen. Wegbekommen wird kann das wohl nie, ich persönlich finde rauchen super scheiße und ich denke da ist noch Luft nach oben bzgl. Restriktionen, nämlich die weiter oben beschriebenen, gleichzeitig würde ich aber auch z.B. die Steuererhöhungen auf Glycerin für E-Zigaretten zurücknehmen und stattdessen auf andere Mittel setzen. Verbot von Einweggeräten bzw. ein Pfand auf die Dinger, ggf. keine beigesetzen Geschmacksrichtungen, aber gerade Letzteres würde bei Alkohol zu einer interessanten Diskussion führen.
Ja:
Desweiteren hat sich die Diskussion in eine Richtung entwickelt, in der ich kaum Gegenargumente bringen möchte. Ich bin vollkommen bei dir dass die Gefahren von Drogen objektiv betrachtet und sich Regeln daran orientieren sollten. Dass Alkohol und Cannabis in unserer Gesellschaft in scheinbar unlogischen Kategorien stecken, ist sicherlich historisch und wirtschaftlich bedingt. Was eine nüchterne Vermutung ist und nicht bedeutet, dass das so bleiben sollte.
Das liegt meiner Meinung nach an der Situation. Bei einem Post über die Legalisierung von Cannabis sind Vergleiche mit Alkohol sicherlich passend. In diesem Thema hier finde ich es hingegen absurd und deplatziert, das Cannabis-Fass aufzumachen. Aber das habe ich ja schon hinreichend erklärt.
Als ich studiert habe, hat so ziemlich niemand in der Uni geraucht. Durch die Kriege der USA und der wirtschaftlichen Situation haben wir die Zukunft aber keineswegs rosig gesehen. Ich verstehe deinen Ansatz, habe daher aber Zweifel an der Plausibilität.
Beim Rest bin ich komplett bei dir und möchte mich bei der Gelegenheit für die interessante Diskussion bedanken. Das hat mir schon ein paar Denkanstöße gegeben.
David Nutt hat mal als Vergleich formuliert, dass MDMA Konsum nur in einem von 10.000 Fällen zu Problemen führt, während Pferdereiten es in einem von 300 tut. Dementsprechend müsste aus Risikosicht das Reiten eher verboten werden, als der Konsum von MDMA.
Klar ist nichts ungefährlich im engsten Sinne. Schon mit jedem Atemzug atmest du irgendwelche Schadstoffe eine. Trotzdem ist es nicht zielführend da von gefährlich zu sprechen.