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Cake day: June 4th, 2023

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  • Man wird für eine Entlassung gegen ärztlichen Rat nicht so sanktioniert, wie sich das viele vorstellen. Es gibt keine Strafe dafür. Aber es hat oft Folgen für das zukünftige Verhalten des Kostenträgers, in dem Fall der Krankenkasse.

    Transportschein, Rezepte und Arztbriefe kriegst du in genau dem Umfang, wie du es bei einer regulären Entlassung bekommen hättest. (Transportscheine bekommt man aber nicht ohne weiteres. Wenn deine Krankenkasse es zumutbar findet, dass du mit der Bahn fährst, dann gibts ne Fahrtkostenerstattung, aber nicht unbedingt einen Taxischein. Und eine Zuzahlung zu den Transportkosten muss man sowieso fast immer zahlen. Gerade bei langen Strecken wäre es eine ziemliche Ausnahme, wenn die Kasse dir ohne gewichtigen Grund einen Krankentransport finanziert.)

    Primärer direkter Nachtei für dich: Das Krankenhaus hat, je nach Situation, einiges an Extra-Arbeit mit einer vorzeitigen Entlassung, und je nachdem wie es läuft könnte es schon sein, dass du dann länger auf Arztbrief usw. warten musst; eben weil sich die dortigen Mitarbeitenden unter den Umständen nicht extra engagieren, um dir die Entlassung gegen ärztlichen Rat extra leicht zu machen.

    Sekundärer, und gewichtigerer Nachteil: Es kann versicherungsrechtliche Folgen haben, wenn du an deiner Erhohlung nicht mitwirkst. Wenn du gegen ärztlichen Rat handelst, könnte es bspw. sein, dass die Krankenkasse zukünftige Krankengeldansprüche erschwert oder ganz abstreitet; dass Reha-Anträge oder ähnliches nicht oder nur spät bewilligt und Zusatzleistungen gestrichen werden. Du fällst natürlich nicht direkt aus dem sozialen Netz, würdest aber möglicherweise bei längerer Krankschreibung dann schneller ausgesteuert werden. Dann zahlt nicht mehr die Krankenkasse, sondern man bekommt bspw. Bürgergeld, u.U. auf dem Niveau der Mindestsicherung.

    Wie genau ein Kostenträger reagiert ist von Kasse zu Kasse unterschiedlich, abhängig von der Situation, dem Behandlungsanlass und letztendlich auch immer den konkreten Sachbearbeitern, denen die Entscheidung letztendlich vorliegt. Manchmal passiert nämlich auch gar nichts.

    Gewichtiger als solche Folgen ist darum fast immer erstmal die Frage, warum das ärztliche Behandlungsteam dich gerne dabehalten will. Meistens (wenn auch nicht immer) würde ich das aus Patientenseite sehr ernst nehmen, auch wenn ich mal anderer Meinung bin als die Behandler.


  • Der letzte Absatz:

    Der Krisenimperialismus treibt folglich auf einen Großkrieg zu, der dem Zivilisationsprozess ein barbarisches Ende bereiten würde, sofern es nicht gelingen sollte, einen gesellschaftlichen Ausweg aus der kapitalistischen Dauerkrise zu beschreiten. Ein wahrer Sieg in diesen rasch eskalierenden Auseinandersetzungen wäre folglich nur mit nichtmilitärischen Mitteln zu erringen: durch die Erschließung einer neuen, postkapitalistischen Form gesellschaftlicher Reproduktion. Alle Hoffnung, aller Horror sind in dieser simplen Tatsache enthalten.

    Ich weiß nicht, ob das Wunschdenken ist, ob ich es einfach unrealistisch finde oder aus Selbstschutz für unmöglich erkläre, aber ein “Großkrieg” ist nichts, womit ich innerhalb überschaubarer Zeiträume rechnen würde. Sein Schlusssatz stimmt aber trotzdem. Alle Hoffnung, aller Horror hängt an der Frage, ob wir es schaffen, den Kapitalismus zu überwinden. Denn er braucht, wie der Autor weiter oben ja zeigt, keinen Weltkrieg, um unfassbares Leid und grauenvolle Ungerechtigkeit herzustellen, zu zementieren, zu verschlimmern. Gerade wie Flüchtlingsbewegungen geopolitisch als Waffe eingesetzt werden - gruselig.



  • Und was hat er in deinen Augen sonst mit den Pull-Faktoren seiner Aussage gemeint?

    Was Merz da von sich gegeben hat war eine dreiste, unverschämte, populistische Lüge. Oder hast du ernsthaft jemals keinen Zahnarzt-Termin bekommen? Es ist einfach Bullshit. Auf diese Art könnten wir Flüchtlingen jeden möglichen Quatsch unterstellen.

    "Migranten sitzen bei uns beim Friseur, und die deutschen Bürger warten monatelang auf einen Termin!"

    "Migranten kaufen Markenklamotten und für die deutschen Bürger bleiben keine übrig! Wir müssen alle Kik tragen!"

    "Migranten bestellen Hummer im Restaurant und für die deutschen Bürger bleibt nur Brühe übrig!"

    "Migranten lassen sich hier die Zähne machen und deutsche Bürger bekommen keine Termine beim Zahnarzt!"

    Sowas kommt dabei raus, wenn man anfängt, schlicht und ergreifend Lügen zu erzählen. Populismus. Propaganda. Unterste Schublade. Kein Teil von Merz' Aussage war nicht gelogen. Das muss man erstmal hinkriegen.



  • Why not both? Ich wäre sofort dabei, Kapital mehr zu belasten, aber das ist ja nochmal ein ganz anderes Thema. Mit der Frage, ob Beiträge ab einem hohen Gehalt irgendwann nicht mehr steigen sollten, hat das aus meiner Sicht erstmal wenig zu tun.

    Bei einer Sache würde ich dir allerdings widersprechen - wer über 7.000€ im Monat bekommt repräsentiert wohl kaum die Mittelschicht Deutschlands. Die meisten Arbeitnehmer:innen würden von einer Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze profitieren, weil man die mittleren Beiträge durch die Mehreinnahmen reduzieren konnte. “Sozialabgaben rauf für die Topverdiener”, wie du das schreibst. Genau darum geht es mir bei diesen Thema.



  • Die Rente ist nicht automatisch gedeckelt, sondern eben als direkte Berechnungsfolge der Beitragsbemessungsgrenze. Und ganz grundsätzlich mal gefragt: Warum sollte sie gedeckelt sein? Nach dem Äquivalenzprinzip muss die Rentenkasse auszahlen, was sie einbezahlt bekommen hat. Das macht erstmal auch für höhere Einkommen Sinn.

    Jetzt kann man natürlich sagen: Ja gut, aber wir wollen nicht, dass Reiche so eine hohe Rente bekommen. (Da kann ich mitgehen - so reiche Menschen sollte es wahrscheinlich einfach gleich gar nicht geben, aber das ist nochmal ein ganz anderes Thema.) Das erreicht man mit der Bemessungsgrenze aber gar nicht. Wer es sich leisten kann investierst sein überschüssiges Kapital (z.B. die Ersparnisse aus der Beitragsbemessungsgrenze) und vervielfachst es. Reiche Menschen haben im Kapitalismus weitläufige Möglichkeiten, ihren Wohlstand zu vermehren. Das lösen wir nicht, indem wir dem Sozialversicherungssystem Beiträge vorenthalten, das ist alles nur Bürokratie, die die realen Verhältnisse verschleiert.

    Wenn man tatsächlich verhindern will, dass einige Rentner:innen so viel Geld haben, dann muss man ganz woanders ansetzen. Zum Beispiel durch Pflichtversicherungen, indem das Äquivalenzprinzip ganz aufgehoben wird, ein gestaffeltes System entwickelt und eine bedingungslose Grundrente geschaffen wird, auf die die CEOs dieser Welt aufstocken dürfen. Wahrscheinlich haben da Expert:innen noch bessere Ideen als ich so spontan während meines Feierabends. Ich meine aber, dass es welche geben sollte, und vor allem meine ich, dass es einen breiteren politischen Dialog darüber braucht als nur bei einer einzigen Partei, die für sowas von den meisten Berufspolitiker:innen gegenwärtig belächelt wird.

    Wenn wir mal annehmen dass die meisten Parteien im Kern opportunistisch veranlagt sind verstehe ich einfach nicht warum “Beitragsgeschenke an Milliardäre stoppen” nicht mehrheitsfähig ist, und daher nicht von einer breiten Mehrheit der Parteien so gegenüber der Wählerschaft angeboten wird.


  • Die Kosten für die Arbeitgeber würden steigen, aber eben nur genau bis zu dem Punkt, wo es eine Gesellschaft, die nach dem Solidaritätsprinzip arbeitet, vorsehen müsste. Aus der anderen Perspektive gedacht sparen gegenwärtig nämlich die Unternehmen von den Bezieher:innen exorbitant hoher Gehälter, aus irgendeinem unerfindlichen Grund, einen Teil der fairerweise zu fordernden Beiträge. Genau das will ich ja abschaffen.


  • Und das wären beides gleich aus mehreren Gründen gute Veränderungen im Sinne der Versorgungsgerechtigkeit. Ich stimme zu, dass für eine solche Veränderung viel politischer Wille nötig wäre, auch wenn man sinnvollerweise alles gemeinsam umstellen müsste - aber in der Sache wäre es meiner Meinung nach schon richtig, auch nur eines davon umzusetzen, und daher verstehe ich nicht, dass es darüber so gar keinen gesellschaftlichen Dialog zu geben scheint.

    Wenn man hier die Grenze direkt abschafft führt das auch zu bis zu 10% mehr Gehalt bei top verdienen

    Meinst du die Rentenbeiträge? Die Gehälter würden sich nicht verändern - der Nettolohn eher sinken. Oder missverstehe ich, was du meinst?

    Denn das stimmt schon, höhere Rentenkassenbeiträge würden auch zu höheren Ansprüchen führen, d.h. die ultrareichen hätten auch entsprechend hohe Renten - mehr ausschütten als eingenommen wird müsste der Staat aber auch nicht. Und auch hier ließe sich mittelfristig sicher ein gerechteres System finden. Unterm Strich haben Milliardäre in der Rente sicher so oder so keine Geldsorgen, da sie aktuell ja easy anderweitig vorsorgen können, auch wenn ihre Renten nicht verhältnismäßig zum Lohn berechnet werden. Die Einsparnisse aus der Beitragsbemessungsgrenze, wie auch sonst alles was sie zum Leben eigentlich gar nicht brauchen, können die risikofrei investieren und vervielfachen. Das ist ein Mechanismus der Wertschöpfung, die wir ihnen nicht nehmen können, auch nicht mit einer Bemessungsgrenze.