Für Nachrichtendienste und die Politik sind es Tage voller Anspannung und Sorge. “Wir haben offensichtlich ein Problem mit Desinformation und Sabotageaktionen”, sagt Konstantin von Notz im Gespräch mit der DW wenige Tage vor der Bundestagswahl am 23. Februar.
“Jeden zweiten Tag sehen wir Drohnen über Deutschland, auch militärische Drohnen. Das ist ein ernstes Problem.” Der Grünen-Politiker ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) - einer Institution, die im Auftrag des Parlaments die Nachrichtendienste kontrolliert.
Neben Drohnen und verdächtigen Ausfällen in der Infrastruktur gibt es weitere mutmaßliche Sabotageakte. Kürzlich wurden die Auspuffrohre von 270 Autos mit Bauschaum verstopft. Die Täter hinterließen auf den Autos Aufkleber, die die Tat als Werk von Klimaaktivisten ausweisen und wohl die Grünen belasten sollten. Nach Erkenntnissen aus Sicherheitskreisen bekamen die Täter Geld aus Russland. Wer die Ukraine unterstütze, gerate “ins Fadenkreuz des Kremls und seiner Schergen”, sagte Außenministerin Annalena Baerbock als Reaktion auf die Sabotage.
Ziel: Spaltung und Diskreditierung
Im Visier haben die Behörden neben Russland auch China, Nordkorea und den Iran. “Wir sehen viele Spionageaktivitäten, aber die Beeinflussung dieser Wahl ist ein Hauptziel Russlands. Wir sehen, dass sie Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD) unterstützen”, sagt von Notz.
Eine erste große Desinformationskampagne in Deutschland wurde mit “Doppelgänger” identifiziert. Sie begann 2022, wenige Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Internetseiten seriöser Medien wurden imitiert und darüber gefälschte Nachrichten verbreitet. Ziel war es, Regierungen vor allem in Frankreich, den USA, Deutschland und Polen zu diskreditieren.
Inzwischen gibt es Nachfolgekampagnen, die sich meist ähneln: Fakes werden im Internet platziert und über Fake-Accounts in sozialen Medien verbreitet, die dann von Nutzern sofort geteilt und kommentiert werden können. “Sobald falsche oder irreführende Informationen zirkulieren, werden die Webseiten von den Urhebern wieder gelöscht. Was bleibt, sind die Desinformationen. Abgewandelt und modifiziert, werden sie teils auch noch nach Jahren online weiterverbreitet”, heißt es auf der Internetseite des Bundesinnenministeriums.
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Schon vor der letzten Bundestagswahl hieß es im Verfassungsschutzbericht, dass “einige Staaten - insbesondere die Russische Föderation - ihren Medienapparat einschließlich dessen Kanäle in sozialen Medien für eine tendenziöse und teils diskreditierende Darstellung bestimmter Parteien und Personen nutzten”.
Bewegt hat sich trotzdem wenig. “Wir sind spät dran”, sagt von Notz. “Wir haben in den vergangenen dreienhalb Jahren oft darüber diskutiert, aber wir haben nicht genug getan.”
In der 2023 verabschiedeten Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung wurde der Kampf gegen die Desinformation erstmals als Ziel definiert. Inzwischen wurde eine “Zentrale Stelle zur Erkennung ausländischer Informationsmanipulation” (ZEAM) im Bundesinnenministerium aufgebaut. Die ZEAM soll den Schutz der Bundestagswahl vor hybriden Bedrohungen und Desinformation koordinieren.
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